Wo Zuversicht und Hoffnung wohnen
Beratungsstelle für Eltern, Jugendliche und Kinder wird 50 - Teil 1
Die Büros in der Beratungsstelle könnten nicht unterschiedlicher sein. Jedes hat seinen ganz eigenen Charme, sei es durch motivierende Sprüche an den Wänden, lustige Zeichnungen oder Regale, wo sich Kinderbücher und Fachliteratur abwechseln. Doch sie alle haben eine große Gemeinsamkeit: Sie sind die Orte, wo Eltern, Jugendliche und Kinder Rat suchen, Hilfe erbitten, Probleme, Sorgen, Ängste und Hemmungen offenbaren und wo vor allem immer ein Gefühl von Zuversicht und Hoffnung wohnt – das nun, seit die Beratungsstelle für Eltern, Jugendliche und Kinder vor 50 Jahren gegründet wurde.
Zu den Büros gehören insgesamt zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zusammen ein Beratungsteam bilden. Es sind Psychologen, Diplom-Sozialpädagogen, Sozialarbeiter und Heilpädagogen. Sie alle stehen ratsuchenden Eltern, Kindern und Jugendlichen zur Seite. Dabei decken sie ein weitaus größeres Themenfeld ab, als der umgangssprachlich für die Beratungsstelle gerne verwendete Begriff der „Erziehungsberatung“ vermuten lässt. „Der Begriff ist irreführend. Erziehungsberatung ist ein Teil eines großen und breit aufgestellten Themenfeldes, welches wir hier in der Beratungsstelle abdecken“, erklärt Volker Schrameyer. Der Diplom-Sozialpädagoge/Sozialarbeiter ist hier bereits seit 2009 als Berater tätig. Neben den Eltern, so Schrameyer, würden eben auch viele Kinder und Jugendliche kommen. Letztere nicht immer aus eigener Initiative heraus. Jugendliche ab 12 oder 13 Jahren bräuchten manchmal den wegweisenden Schritt zur Beratung. „Da gibt es unterschiedliche Fälle: Jugendliche die Probleme haben in der Schule, diese schwänzen oder dort gescheitert sind. Dann welche, die Ängste haben, unter Mobbing leiden, mit veränderten Situationen nicht klar kommen und sich tiefgreifende Sinnesfragen nicht beantworten können. Ja, oder eben auch solche die straffällig geworden sind“, berichtet Schrameyer. Auch gebe es Fälle von selbstverletztendem Verhalten oder sogar suizidalen Gedanken.
Bei den Kindern setzt die Beratungsstelle schon im Säuglingsalter an. Die Frühen Hilfen sind bis zum Alter von 3 Jahren ein Angebot für Eltern und Kleinkinder. „Da gibt es ähnliche, aber auch andere Themenschwerpunkte wie bei den Jugendlichen“, weiß Psychologin Melanie Westphal, die seit 2017 zum Team der Beratungsstelle gehört. Eng verknüpft seien mit vielen Themen von Kindern und Jugendlichen auch die Eltern. „Der Leidensdruck der Eltern ist immer subjektiv und das ist auch völlig in Ordnung. Es gibt Situationen, die belasten den einen mehr, den anderen weniger. Wir nehmen alle Probleme, Sorgen und Nöte die an uns herangetragen werden ernst und wichtig. Denn es bei allem immer um den Menschen und seine subjektive Empfindungslage“, so Westphal. Auch hier zeigen sich die Problemfelder facettenreich - Eltern, die Schwierigkeiten haben in der Erziehung ihrer Kinder, oder Eltern, die sich trennen oder scheiden lassen wollen und nicht wissen, wie sie es den Kindern vermitteln sollen. Zwei Beispiele für Situationen, in denen Eltern Hilfe und Rat in der Beratungsstelle suchen.
Diese Beratungsfälle stellen die „Komm-Struktur“ dar. „Den größten Teil unserer Arbeit machen die klassischen Beratungen hier vor Ort aus, wo die Ratsuchenden zu uns kommen“, erklärt Tino Bierbaum, Leiter der Beratungsstelle für Eltern, Jugendliche und Kinder. Im Laufe der Jahre kristallisierte sich aber auch immer mehr ein Bedarf nach Beratung vor Ort in Familienzentren, Schulen und Kindergärten heraus. Regelmäßig finden hier nun Beratungsangebote durch die Berater der Caritas statt.
Diese Art des Beratungsangebots in den Institutionen vor Ort, ermöglicht einen niedrigschwelligen Zugang zu Ratsuchenden. Gleiches zeigt sich durch Gruppenangebote, wobei diese oftmals zusätzlich zu einer Beratung laufen. „Wenn ich zum Beispiel ein Kind habe, das nicht selbstbewusst ist und sich eher zurückzieht, kann eine Teilnahme an der Gruppe, die sich dem Thema Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen widmet, von Vorteil sein. Oder wenn das Kind die Scheidung der Eltern verarbeiten muss. Da kann es oftmals hilfreich sein, wenn Kinder mit Kindern in ähnlichen Situationen Kontakt haben und sie sehen, dass sie mit dem Problem nicht alleine sind“, erläutert Volker Schrameyer. Auch greift die Beratungsstelle das Thema Prävention auf, insbesondere im Hinblick auf den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Kindeswohlgefährdungen. Ein spezielles Beratungsangebot vom Kreis Steinfurt, an dem drei Berater*innen der Beratungsstelle für Eltern, Jugendliche und Kinder teilnehmen, bietet eine anonyme beratende Unterstützung von Menschen an, die beruflich mit Kindern arbeiten wie zum Beispiel Lehrer, Erzieher oder auch Ärzte.
Eine Beratung läuft immer individuell ab. Zum einen kommt es auf die zu beratende Person und dessen Anliegen an. Zum anderen hat jeder Berater und jede Beraterin seine bzw. ihre individuellen Strategien und Vorgehensweisen, wie sie dem Klienten helfen. „Wichtig ist aber, dass jeder von uns nie alleine mit einem Beratungsfall dasteht. Wir führen einen sehr kollegialen Austausch, unterstützen und beratschlagen uns gegenseitig“, erklärt Volker Schrameyer. Insbesondere dann, wenn ein Fall einen auch nach Feierabend noch beschäftigt, sei ein objektiver Blick von außen wichtig. „Sobald ich abends über einen Fall intensiver nachdenke und es mich nicht loslässt, sollte ich im Team darüber sprechen. Dann ist es nicht gut, alleine weiterzumachen“, stellt Melanie Westphal klar. Zu der gegenseitigen Unterstützung im Team, kommt noch die Supervision. So sind die Berater*innen gut aufgestellt, um ihren Klienten helfen zu können. Nicht immer eine leichte Aufgabe. „Natürlich gibt es Fälle, die lassen einen nicht unberührt, die zerren an den Nerven und verlangen einiges von einem ab“, weiß Tino Bierbaum. Doch ebenso gibt es viele schöne Momente. „Wenn Klienten, die vielleicht am Anfang sich gegen die Beratung gestellt haben, plötzlich erkennen, dass die Beratung ihnen helfen kann oder wenn wir nach Jahren wieder angerufen werden, weil der Klient mit seinem Problem wieder zu uns kommen möchte, dann ist das ein schöner Lohn, weil sie sich eben nochmal an uns wenden und uns um Unterstützung bitten“, sagt Volker Schrameyer.