An der Seite von Familien - damit ein guter Start gelingt
Familienhebammen unterstützen seit zehn Jahren Familien in den ersten Lebensmonaten ihres Neugeborenen
IBBENBÜREN. Die kleine Claire schaut mit großen Augen zu Edith Rimmek-Paul. Die hat einen großen bunten Ball vor sich und lacht das Mädchen an. "Na, der ist toll oder?", fragt Rimmek-Paul und hält Claire vorsichtig den Ball hin, die sofort danach greift und vor Freude jauchzt. Fünf Monate ist Claire nun schon auf der Welt, seitdem ist Edith Rimmek-Paul regelmäßig bei ihr und Mutter Lara Dirkes. Denn Rimmek-Paul ist Hebamme, genauer gesagt Familienhebamme beim Caritasverband Tecklenburger Land. Seit nun mehr zehn Jahren bilden die Familienhebammen einen festen Bestandteil der Arbeit im Fachbereich "Frühe Hilfen" beim Caritasverband.
An der Seite von Familien
"Als ich mit Claire schwanger war, wollte ich gerne die Unterstützung durch Edith haben", erklärt Lara Dirkes. Vor neun Jahren hatte sie erstmals Kontakt mit den Familienhebammen, wenn dieser auch zunächst eher unfreiwillig war. "Ich war gerade 18 und mit meiner ersten Tochter schwanger. Das Jugendamt hat mir dann eine Unterstützung durch die Familienhebammen angeraten", erinnert sich Dirkes. So kam Rimmek-Paul ins Spiel und unterstützte die junge Mutter ein Jahr lang nach der Geburt. "Am Anfang war Lara nicht so davon überzeugt, dass sie diese Unterstützung braucht", erzählt die Familienhebamme und Lara Dirkes schmunzelt. "Am Anfang denkst du, dass sich dein Leben nicht verändert und dann ist so ein kleines Wesen da, was deine ganze Aufmerksamkeit braucht und alles ändert sich", sagt die heute dreifache Mutter. Auch wenn der Start ein wenig holprig verlief, lernte Lara Dirkes die Unterstützung durch Rimmek-Paul sehr zu schätzen. Als staatlich examinierte Hebammen mit Zusatzqualifikation stehen Edith Rimmek-Paul und ihre beiden Kolleginnen Eltern und Familien in belastenden Lebenssituationen zur Seite. "Unsere Familienhebammen geben Informationen und Anleitung bei den Themen Pflege, Ernährung, Entwicklung und Förderung des Kindes, aber auch zur Alltagsstrukturierung und einer sicheren Wohnung für das Baby", erklärt Anke Oelgeklaus die Aufgaben der Familienhebammen. Oelgeklaus hat vor zehn Jahren das Angebot im Bereich des Dienstes "Frühe Hilfen" mit ins Leben gerufen. Zusammen mit ihren Kolleginnen Silke Stratmann und Cathrin Vörckel koordiniert sie die Einsätze der Familienhebammen, deren Team eine ausgebildete Familienkinderkrankenschwester komplettiert. So konnten im vergangenen Jahr 53 Familien aus Ibbenbüren diese Unterstützung erhalten.
Tragfähige Beziehungsstrukturen aufbauen
Auf diese Unterstützung wollte Lara Dirkes auch bei Kind zwei und drei nicht verzichten. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die junge Mutter mit einer depressiven Erkrankung zu kämpfen hat. "Jedes Kind ist einfach anders und stellt einen vor andere Herausforderungen. Edith gibt mir Sicherheit und hilft mir, trotz meiner Erkrankung, diese Sicherheit auch meinen Kindern gegenüber auszustrahlen", sagt Lara Dirkes und Edith Rimmek-Paul fügt hinzu: "Lara hat eine unglaubliche Entwicklung gemacht, dass macht einen stolz und freut mich so sehr für sie und ihre Kinder. Vieles braucht einfach Zeit." Diese Zeit nehmen sich die Familienhebammen. Sie wollen tragfähige Beziehungsstrukturen in den Familien aufbauen, helfen dabei, die bestmöglichen Entwicklungsmöglichkeiten für die Kinder zu formen. Dabei achten sie aber immer auf die Individualität in jeder Familie. "Es hilft nichts, wenn ich in die Familie gehe und erstmal alles auf Links drehe. Zusammen mit den Eltern wollen wir für das Wohl der Kinder arbeiten", erklärt Rimmek-Paul. Es sei wichtig eine vermittelnde Art an den Tag zu legen, schließlich ist für alle Beteiligten die Situation neu. Daran hat sich auch in zehn Jahren Familienhebammen nichts verändert. Ebenso wenig wie an der Nachfrage. "Der Bereich der frühen Hilfen wurde einst mit dem Grundgedanken aufgebaut, die Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern und Familien frühzeitig und nachhaltig zu stärken", erklärt Anke Oelgeklaus. Dieser Bereich wurde kontinuierlich weiterentwickelt. "Wir haben gesehen, dass der Bedarf an Unterstützung kurz nach der Geburt eines Kindes in den Familien vorhanden ist. Schließlich ist und bleibt die Geburt eines Kindes eines der bedeutsamsten Ereignisse im Leben und bringt neben Freude auch viele Fragen und Unsicherheiten mit sich", so Oelgeklaus.
Selbstbewusstsein aufbauen
Manchmal ist der Bedarf an Unterstützung durch die Familienhebammen aber auch nicht ganz freiwillig. "Es gibt Familien, da werden wir vom Jugendamt hinzugezogen. Dann möchten wir möglichst früh Entwicklungsrisiken positiv verändern", weiß Rimmek-Paul. Dennoch gibt es aber auch viele Familien und Mütter, die aus eigener Initiative die Hilfe der Familienhebammen suchen. So wie auch die 25-jährige Steffi Saar. "Isabelle ist mein erstes Kind und ich war so unsicher. Dann kam sie noch vier Wochen zu früh und plötzlich war ich Mama", erzählt sie. Zwei Wochen noch nach der Geburt hat die kleine Isabelle in der Kinderklinik verbringen müssen. "Wegen jeder Kleinigkeit war ich sofort unsicher. Dann hat sie oft Bauchschmerzen gehabt und viel geweint", sagt Steffi Saar. Für die junge Mutter stand fest, dass sie nicht auf die vielen gut gemeinten Ratschläge aus ihrem Umkreis mehr hören wollte. Also griff sie zum Telefon und kontaktierte die Familienhebammen beim Caritasverband. "Steffi ist im Laufe der letzten Monate immer sicher und selbstbewusster im Umgang mit Isabelle geworden", erklärt Edith Rimmek-Paul, die Steffi Saar und ihre Tochter nun seit einem Jahr begleitet. Mit einem guten Gefühl gehe sie nun aus der Familie, da bei Steffi und Isabelle nun ihr Einsatz abgeschlossen ist. "Während die Hebamme nach der Geburt sechs bis acht Wochen nur in der Familie ist, bleiben wir im Anschluss daran bis zu einem Jahr bei den Familien. Dann endet aber unser Einsatz", erklärt Rimmek-Paul. Auch Steffi Saar blickt positiv der Zukunft entgegen. "Ich habe mehr Sicherheit gewonnen und höre auch nicht mehr auf alles, was mir mein Umfeld rät", sagt sie.
Für Rimmek-Paul ist Abschied nehmen Teil des Berufs. "Natürlich fällt es nicht immer leicht, aber da müssen wir Familienhebammen professionell mit umgehen. Ja und manchmal sieht man sich beim zweiten Kind eventuell auch wieder", so Edith Rimmek-Paul und lächelt zu der kleinen Claire und ihrer Mutter. Die beiden darf sie noch ein paar Monate auf ihren gemeinsamen Weg in Richtung Zukunft begleiten.
Infokasten:
Die Familienhebammen des Caritasverbandes Tecklenburger Land sind staatlich examinierte Hebammen mit einer Zusatzqualifikation. Diese befähigt sie dazu, Eltern und Familien in belastenden Lebenssituationen zu unterstützen. Unter anderem geben sie Informationen und Anleitung zu Pflege, Ernährung, Entwicklung und Förderung des Kindes sowie zur Alltagsstrukturierung mit Kind oder zu einer sicheren Wohnung fürs Baby. Dabei binden sie alle Familienmitglieder ein und haben psycho-soziale Aspekte im Blick. Tragfähige Beziehungsstrukturen innerhalb der Familie sind ein wichtiges Ziel ihrer Arbeit. Auch begleiten sie zu Ärzten oder Ämtern oder in weiterführende Angebote wie Krabbelgruppen. Derzeit besteht das Team aus drei Familienhebammen und einer Familienkinderkrankenschwester. Die Sozialpädagoginnen Silke Stratmann, Anke Oelgeklaus und Cathrin Vörckel koordinieren die Einsätze. Beim Dienst der "Frühen Hilfen" erhalten (werdende) Mütter und Väter neben Beratung und praktischer Unterstützung rund um Schwangerschaft, Geburt, Babys und Kleinkinder auch die Möglichkeit an Gruppenangeboten teilzunehmen. Melden können sich Interessierte bei: Anke Oelgeklaus, Cathrin Vörckel, Silke Stratmann unter 05451-500223