LAGGENBECK. Was Catrin Siebelmann zuweilen bei ihrer Arbeit erlebt, ist wahrlich märchenhaft. „Ich erfahre häufig, dass Menschen, die sehr teilnahmslos sind, lächeln. Das ist bei einer Demenz schon sehr viel“, sagt die Betreuungsassistentin aus dem Haus Magdalena in Laggenbeck. Wenn sie ihre märchenhaften Begegnungen mit alten Menschen inszeniert, rührt sie ihre Zuhörer an. In einer Fortbildung hat sich die Mitarbeiterin der Caritas-Altenhilfe Tecklenburger Land zur Märchenerzählerin ausbilden lassen. Eine Qualifikation, die sie im Haus Magdalena zu einer gefragten Gesprächspartnerin macht.
Zum Einsatz kommt ihre Fähigkeit, bekannte Märchen anschaulich zu erzählen, vor allem im Umgang mit demenziell erkrankten Frauen und Männern. „Es geht in erster Linie darum, Erinnerungen zu aktivieren“, erklärt Catrin Siebelmann. Je nach Schwere der Demenz reagieren die Zuhörer entweder, indem sie selbst erzählen. „Manchmal ist es schon eine Bewegung, ein Lächeln, die Mimik, die verrät, dass ein Mensch sich erinnert.“
Im Altenpflegeseminar in Rheine erlernte Catrin Siebelmann, was professionelles Märchenerzählen ausmacht. Mimik, Gestik und das lebhafte Erzählen müssen stimmen. Dabei sollten Märchenerzähler die Originaltexte auswendig beherrschen. „Es ist wichtig, sehr nah am Text zu erzählen, eine Nacherzählung ist nicht gewünscht“, betont Catrin Siebelmann. Was sie an Märchen fasziniert? „Jeder kennt sie und weiß, wie die Geschichte ausgeht. Dennoch entdeckt man beim Zuhören immer wieder etwas Neues, das man bisher so noch gar nicht wahrgenommen hat“, sagt sie.
Für die Arbeit im Haus Magdalena konzentriert sich die Betreuungsassistentin ausschließlich auf Märchen der Gebrüder Grimm. „Darin siegt immer das Gute und es gibt klare Regeln.“ Genau das sei für ihre Zuhörer wichtig, da sie selbst in einer Welt voller Regeln und Normen aufgewachsen sind. Bevor Catrin Siebelmann ein Märchen erzählt, bereitet sie den Raum vor. Sie baut eine Art Märchenmitte auf, in die sie geeignete Requisiten passend zum Märchen legt. Oft lässt sie ihre Zuhörer schon im Vorfeld erraten, um welches Märchen es sich handelt. Als Märchenerzählerin schlüpft Catrin Siebelmann auch optisch in eine neue Rolle. In einem langen wahrlich märchenhaften Kleid trägt sie ihre Erzählungen vor.
„Es ist toll zu beobachten, was mit den Zuhörern passiert“, beschreibt sie ihre Freude am Märchenerzählen. „Man sieht ein Aufblitzen in den Augen, ein Wiedererkennen.“ Klar, dass sie von den uralten überlieferten Geschichten auch ganz persönlich ganz begeistert ist. Ursprünglich waren Märchen nicht nur für Kinder gedacht. In alter Zeit gab es Menschen, die sich ihren Lebensunterhalt damit verdienten, anderen Leuten lehrreiche Geschichten zu erzählen. Catrin Siebelmann bekennt frei heraus: „Ich liebe Märchen – genau das möchte ich weitergeben und andere Menschen damit glücklich machen.“ Und weil sie selbst mit so großer Begeisterung dabei ist, springt der Funke garantiert schnell über.